Tess (1979) – Göttliche Cinematografie
Schon nach den ersten Minuten war ich beinahe schon fertig mit den Nerven, soviele Wow-Momente aufeinmal konnte ich kaum verkraften. Ich kam aus der Begeisterung gar nicht mehr heraus. Ich hatte schon Tränen in den Augen wegen den überwältigenden Szenen.
Tess ist eindeutig einer der schönsten Filme aller Zeiten.
Klar, die gesamte Mise-en-scène ist für diese atemberaubende Wirkung verantwortlich, und die wunderschöne Nastassja Kinski trägt offensichtlich auch ihren Teil dazu bei, aber besonders hervorzuheben ist die Cinematografie.
Seht euch folgende Shots an:
Diese Bilder sind so still zwar bereits beeindruckend, aber man muss sich das Ganze in Bewegung ansehen. Hier ein Beispiel von perfekter Kamera und Regie:
Man achte darauf, wie die Kamera am Anfang die Kutsche einfängt und mit ihr nach links schwenkt, dann hält die Kamera zusammen mit der Kutsche an, Tess steigt ab, die Kutsche fährt davon und es offenbart sich dieser wundervolle Anblick mit Tess und der vorher verdeckten Allee. Genialer Shot.
Die Wanderung durch die Allee ist natürlich sehr schön fotografiert, und als sie auf dem Hof ankommt, da achte man wieder auf die Kamera, wie sie Tess folgt bis zum Dialog, das ist perfekt, das ist auf den Punkt.
Oder hier die Kutsch-Fahrt, wie hochgradig cineastisch das wirkt… (übrigens nicht gefaked)
Cinematografer für Tess war hauptsächlich Geoffrey Unsworth, der vor allem für seine meisterhafte Arbeit an „2001 – Odyssee im Weltraum“ bekannt ist. Leider verstarb er noch während den Dreharbeiten und es musste jemand Neues gefunden werden, um den Film beenden zu können. Die Produzenten engagierten Ghislain Cloquet, der auch zur Elite gehörte und zuvor u.a. mit Robert Bresson an wertvollen Filmen wie „Au hasard Balthazar“ oder „Mouchette“ arbeitete. Er versuchte den Stil von Unsworth so gut es ging zu kopieren, was ihm nicht ganz gelungen ist. Man merkte, dass diese genialen Kamerabewegungen später im Film nicht mehr so oft auftauchten. Es waren natürlich dennoch stets sensationelle Shots, es ist hier Meckern auf aller höchstem Niveau, aber diese Magie, die mich zuvor umgehauen hatte, diese Wow-Effekte, die kamen bei mir nicht mehr so oft, wie noch in den ersten 2 Stunden des Films.
Tess ist jedenfalls Unsworth’s Schwanensong, er ist auf der Höhe seines Schaffens gestorben, er hat zusammen mit Cloquet für göttliche Cinematografie gesorgt, ich verneige mich vor dieser Meisterleistung.
Zum Abschluss nochmal ein Zusammenschnitt einiger Szenen, unterlegt mit einem Song von den Libertines: